„Verkehrsunfall im Kreuzstraßentunnel, vier Fahrzeuge beteiligt, darunter ein Linienbus“ – so lautete die Meldung zu der die Feuerwehr Tuttlingen und eine große Anzahl weiterer Einsatzkräfte am 22.09.2023 zu einer Übung alarmiert wurden. Übungen wie diese sind gemäß der Vorgaben der „RABT“ (Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln) in regelmäßigen Abständen notwendig um die vorab festgelegten Handlungsabläufe der verschiedenen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben zu testen, Fehler aufzudecken und die notwendigen Handlungen zu vertiefen.
Übungsannahme:
Als Übungsszenario wurde ein Verkehrsunfall mit einem Linienbus und drei PKW im Kreuzstraßentunnel angenommen. Ein PKW-Fahrer welcher von Ulm aus Richtung Donaueschingen fuhr, kam kurz vor der Haltebucht in der Tunnelmitte nach links in den Gegenverkehr ab. Ein entgegenkommender Bus versuchte auszuweichen und prallte dabei gegen die rechte Tunnelwand im Bereich der Ausfahrt der Haltebucht. Zwei dem Bus folgende PKW erkannten die Situation zu spät und kollidierten mit dem Heck des Busses. In den Fahrzeugen wurden dabei insgesamt sieben Personen verletzt und zum Teil eingeklemmt. Auch sieben Fahrgäste im Bus und der Busfahrer wurden dabei verletzt. Zusätzlich zu den Einsatzkräften vor Ort, wurden auch die Abläufe der integrierten Leitstelle und des Kreisklinikums geübt. Die Übung begann mit dem Notruf und endete mit der Einlieferung in das Klinikum Landkreis Tuttlingen.
Örtlichkeit:
Mit den Bauarbeiten für den Tunnel wurde am 29. September 2007 begonnen. Der Tunnel wurde in seiner gesamten Länge von 948 m in offener Bauweise in einer bis zu 12 m tiefen Baugrube hergestellt. Die betriebstechnischen Einrichtungen werden von der Tunnelleittechnik im unterirdischen Betriebsgebäude in der Mitte des Tunnels im Regelfall automatisch gesteuert. Die Tunnelleitzentrale ist daher nicht ständig besetzt. Bei Stör- oder Alarmfällen findet eine Fernsignalisierung zu der ständig besetzten Überwachungsstelle in der integrierten Leitstelle Tuttlingen und der Straßenmeisterei in Spaichingen statt. Von dort kann über die Bedien- und Beobachtungseinrichtungen in die Steuerung des Tunnels eingegriffen werden. Die Frischluftversorgung wird mit 14 Strahlventilatoren gewährleistet. Im Brandfall sorgen sie für einen schnellen Rauchabzug über die Portale. An der Tunneldecke ist ein linienförmiges Brandmeldesystem (Temperatursensor) installiert. Im Tunnel, im Betriebsgebäude und in den 5 Notausgängen sind Druckknopfmelder eingebaut. Über die Brandmeldezentrale im Betriebsgebäude wird der Brandalarm direkt an die integrierte Leitstelle gemeldet. Die zentrale Leittechnik zeigt den genauen Brandmeldeort im Tunnel an. Der Tunnel verfügt über einen Tunnelfunk (analog und digital) sowie eine tunnelgeeignete Lautsprecheranlage (Grenzflächenhörner). Die Videoanlage lässt eine lückenlose Überwachung des Verkehrsraums, der Notausgänge und der Portalbereiche zu, so dass neben der manuellen Verkehrsbeeinflussung der optimale Einsatz der Rettungskräfte möglich ist. Es sind 11 Notrufstationen im Tunnel sowie weitere 5 in den Notausgängen installiert. Der Löschwasserversorgung dient ein Löschwasserbecken mit angeschlossener Druckerhöhungsanläge am Hochpunkt des Tunnels, von dem aus Löschwasserleitungen zu den 10 Entnahmestellen im Tunnel führen. Bei einem Brandalarm wird automatisch die Druckerhöhungsanlage eingeschaltet, so dass bei Eintreffen der Feuerwehr der benötigte Druck zur Verfügung steht.
Die Übung
Um 19:51 Uhr ging ein Notruf bei der integrierten Leitstelle in Tuttlingen über eine Notrufsäule im Kreuzstraßentunnel ein, in dem ein Verkehrsunfall zwischen einem Bus und mehreren PKW geschildert wurde. Daraufhin alarmierte der Disponent den Rüstzug der Abteilung Tuttlingen, bestehend aus ELW, HLF 20/16, RW und TLF 24/50, sowie die Abteilung Möhringen mit HLF 10/6 und LF Kats mit der Alarmmeldung „H-10Y BUS VU eingeklemmt (Tunnel)“. Parallel zur Alarmierung der Feuerwehr wurden seitens des Rettungsdienstes zwei RTW, ein NEF und der organisatorische Leiter Rettungsdienst (OrgL) entsandt. Der ersteintreffende Einsatzleiter – und stellvertretende Abteilungskommandant Markus Wetzel, verschaffte sich als erstes über die Tunnelzentrale einen Überblick. Er ließ- nachdem klar war, dass ein Brandereignis ausgeschlossen werden konnte, den Rüstzug der Abteilung Tuttlingen über das Portal „Chiron“ (Fahrtrichtung Ulm), sowie die Abteilung Möhringen und die Kräfte des Rettungsdienstes über das Portal „Aesculap“ (Fahrtrichtung Rottweil) in den Tunnel einfahren. Nach Eintreffen des Zugführers in der Tunnelröhre, folgte eine umfangreiche Erkundung mit dem Ergebnis, dass insgesamt 15 Personen in vier Fahrzeugen betroffen waren. Die insgesamt sieben verletzten in den drei PKW waren zum Teil eingeklemmt / eingesperrt, sodass eine technische Rettung vorbereitet werden musste. Aufgrund der Vielzahl von zum Teil schwerverletzten Personen erhöhte der Rettungsdienst bereits in der Erstphase auf „MANV 15“. Auch seitens der Feuerwehr erfolgten Nachalarmierungen. So wurden die Abteilungen Nendingen & Eßlingen alarmiert, um ggf. beim Patiententransport zu unterstützen und den Brandschutz im Stadtgebiet sicherzustellen. In der darauffolgenden Führungskräftebesprechung zwischen Feuerwehr und Rettungsdienst wurde die weitere Vorgehensweise priorisiert. Zu allererst galt es, die Patienten zu betreuen, bis die Vorsichtung des Rettungsdienstes abgeschlossen war. Nachdem klar war, dass drei Personen sofort und weitere vier Personen schnelle Hilfe benötigten, wurden die Aufgaben fahrzeugbezogen verteilt. Die Besatzung des HLF 20/16 der Abteilung Tuttlingen hatte den Auftrag, Fahrer und Beifahrer aus PKW 1 zu retten. Die Verletzten in PKW 2 wurden von der Besatzung des Rüstwagens gerettet. Die Abteilung Möhringen übernahm die Rettung der Patienten aus PKW 3. Bei dieser umfangreichen, technischen Rettung kam schweres technisches Gerät zum Einsatz. Der Rettungsdienst versorgte parallel dazu die Verletzten im Bus. Während dieser Maßnahmen fiel aufgrund angenommener, starker Beschädigungen der Strom- und somit das Licht im Tunnel aus. Weiterhin musste davon ausgegangen werden, dass die Tunnelstruktur durch den wuchtigen Aufprall des Busses auf die Tunnelwand stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Zur Überprüfung und Abstützung der Tunnelstruktur und zum Ausleuchten der Einsatzstelle, forderte der Einsatzleiter das THW mit der „Bergungsgruppe“ und der Fachgruppe „Notversorgung & Notinstandsetzung“ nach. Außerhalb des Tunnels hatte sich bereits die Schnelleinsatzgruppe des DRK positioniert, um die Verletzten entgegenzunehmen. Nach und nach erfolgte der Transport der Verletzten. Die hohe zu erwartende Anzahl an Verletzten wurde seitens des Klinikums zum Anlass genommen, das Personal zu verstärken und entsprechende Notfallpläne zu aktivieren.
Das Fazit
„Eine Übung unter diesen Bedingungen, mit einer solch hohen Anzahl an Patienten, stellte die Abläufe aller beteiligter Organisationen auf die Probe. Und genau das war das Ziel dieser Übung. Sicherlich haben wir an der ein oder anderen Stelle Potential aufgedeckt, aber das grundlegende Ziel, Menschenleben zu retten, wurde vollumfänglich erreicht. Wir können zufrieden sein mit dem Ergebnis und den Erkenntnissen dieser Übung, so das Fazit von Feuerwehrkommandant Klaus Vorwalder.“
Die Organisation
Bereits Monate vor der Übung setzten sich Vertreter von Feuerwehr, DRK, THW, Polizei und Straßenmeisterei zusammen, um eine möglichst realitätsnahe Übung zu planen. Um dies zu erreichen, war eine Gruppe mit rund 25 Notfalldarstellern des DRK Kreisverband Tuttlingen vor Ort, welche im Voraus aufwändig „geschminkt“ wurden. Zehn Übungsbeobachter aller Organisationen dokumentierten das Geschehen im Tunnel. Insgesamt waren somit rund 150 Einsatzkräfte von Feuerwehr, DRK, THW, Polizei und Straßenmeisterei beteiligt. Die geladenen Gäste von Politik, Regierungspräsidium, Landkreis, Stadtverwaltung und Hilfsorganisationen, wurden mithilfe von Audio-Guides vom Presseteam der Feuerwehr betreut und audiovisuell durch die Übung geführt.
Quelle: Feuerwehr Tuttlingen